Vortrag über Buddhismus in Japan
1. Entstehung
Der Buddhismus entstand vor etwa 2500 Jahren im Tal des Ganges in Nordindien. Bereits innerhalb der ersten 100 Jahre hat er sich über ganz Nordindien ausgebreitet und zählte die Mehrheit der dort lebenden Menschen zu seinen Anhängern. Dann begann die neue Lehre sich weiter zuerst nach Südostasien auszudehnen.
2. Weiterentwicklung
Schon bald nach dem Tod Gautamas, des Buddha, zeigten sich erste Spaltungstendenzen. Zwei grundsätzliche Meinungen sind entstanden: eine Richtung wollte Buddhas Worte unverändert und allgemeingültig übernehmen; die andere sprach sich dafür aus, die Lehren den Gegebenheiten der Kulturen und unterschiedlichen Mentalitäten jeweils anzupassen. Letztere standen damit durchaus in der Tradtion Gautamas, der in seiner Art des Lehrens die Umstände und Möglichkeiten seiner Zuhörer stets berücksichtigte. So sprach er zu einfachen Leuten anders als zu Fürsten, zu Brahmanen anders als zu Kaufleuten.
3. Hinayana und Mahayana
Etwa 100 Jahre nach Gautamas Tod kam es zum offenen Bruch. Fortan sollte es zwei Zweige des Buddhismus geben. Die konservative Theravada- oder Hinayana- und die flexiblere Mahayana-Richtung.
4. Hinayana Buddhismus
Hinayana bedeutet "Kleines Fahrzeug", da diese Philosophie die Auffassung vertritt, daß nur ein begrenzter Kreis von Menschen -zunächst jene, die das klösterliche Leben praktizieren- in der Lage sind, das buddhistische Ziel der Erleuchtung zu erlangen. Nach Hinayana-Meinung kann die Erleuchtung auch nur ausschließlich aus sich selbst heraus erlangt werden. Irgendeine Hilfe von außen gibt es nicht. Im Mahayana, dem "Großen Fahrzeug", kann dagegen grundsätzlich jeder Mensch, ob Mönch oder nicht, erleuchtet werden, wenngleich es im klösterlichen Bereich leichter fällt. Auch die Möglichkeit der Hilfe von außen gibt es, etwa die von Meistern und Lehrern, die es verstehen, den Erleuchtung suchenden in die richtigen Bahnen zu lenken. Auch die Umstände und gar Zufälle des Alltags können als sogenanntes Boddhisattwawirken verstanden werden.
5. Verbreitung des Hinayana Buddhismus
Der Hinayana verbreitete sich im Laufe der Jahrhunderte insbesondere in Südostasien. Heutige Hauptgebiete sind Sri Lanka und Thailand. Der Mahayana erreichte vor allem zuerst in China viele Menschen. Etwa 500 Jahre nach seiner Entstehung, also etwa zur Zeit Christi, begann der Buddhismus in Nordindien allmählich seine Attraktivität zu verlieren. Nochmal 500 Jahre dauerte es, bis er fast völlig aus seinem Ursprungsland verschwunden ist.
6. Verzweigungsrichtungen
Sowohl das Hinayana als auch und vor allem das Mahayana verzweigte sich in der Folgezeit sehr stark. Untergruppierungen, Schulen und Richtungen mit teilweise sehr unterschiedlichen und gegensätzlichen Ansichten und Lehrinhalten entstanden. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Formen des Buddhismus sind weitaus deutlicher als sie es etwa in den einzelnen christlichen Kirchen und Sekten sind. Trotzdem ist im Buddhismus ein erhebliches Maß an Toleranz zu erkennen. Wesentliche Ursache für das Entstehen der diversen Schulen war (und ist auch in der heutigen Zeit noch) die Hervorhebung und Betonung einzelnen Teile der Lehren Buddhas. So kennt man im Hinayana beispielsweise die Schule der Achtsamkeit. Es wäre jetzt aber ein grober Fehler, anzunehmen, der Aspekt der Achtsamkeit -ein wesentliches Element von Buddhas Lehre- würde in anderen Richtungen vernachlässigt. Dieser Gesichtspunkt bildet nur für einige Gruppen den wichtigsten Ausschnitt ihrer Praxis.
7. Vajrayana Buddhismus
Eine andere buddhistische Richtung, die des indischen Philosophen Padmasambhava, spaltete sich vom Mahayana ab und verbreitete sich in Tibet, wo eine intensive Vermischung mit der dort bestehenden Bön-Religion und der tibetischen Kultur erfolgte. Daraus entstand neben Hinayana und Mahayana etwa im 8.Jahrhundert eine eigenständige dritte Form des Buddhismus, der Vajrayana ("Diamantenes Fahrzeug") oder tibetische Buddhismus.
8. "Chan" Buddhismus
Wieder eine andere Richtung, für die besonders die Meditation, das sogenannte Zazen, der wichtigste Kern war, entstand noch in der indischen Zeit als sogenanntes "Dhyana". Diese Form des Buddhismus gelangte im 6. Jahrhundert durch den Missionar Bodhidharma nach China. Aus dem Wort "Dhyana" wurde dort "Chan". Das Wort selbst bedeutet eigentlich nichts anderes als "Meditation im Sitzen". Innerhalb von 200 Jahren verbreitete sich das "Chan" über ganz China und Korea. Zu Beginn dieser Zeit waren dort der Konfuzianismus des Konfutse und der Taoismus des Laotse die herrschenden Religionen. Gerade aus dem Taoismus hat das "Chan" viele Ideen aufgenommen und umgekehrt. Nach einer bewegten Geschichte mit Höhen und Tiefen, Anfeindungen und Förderungen sowie auch inneren Auseinandersetzungen hat es sich durchgesetzt. Und auch das Chan war von Spaltungen betroffen und gliederte sich in eine Vielzahl von Schulen auf.
9. Entwicklung in Japan und China
Während mehrerer Jahrhunderte in dieser Phase gab es zwischen China und Korea einerseits und Japan andererseits immer wieder abwechselnd Zeiten, in denen intensive Kontakte bestanden und Zeiten, in denen vor allem Japan sich abgeschlossen hat. In den Phasen regen Handels und Verkehrs erreichte auch der Buddhismus endlich Japan. Allerdings gelangte diese neue Religion in Japan zuerst nicht zu großer Bedeutung. Erst als durch Eisei und Dogen das "Chan" in Japan Einzug hielt, wo aus dem Wort Chan das Wort "Zen" wurde, entwickelte es sich langsam zum zentralen Bestandteil der Gesellschaft.
10. Zen Buddhismus in Japan
Im Laufe der Zeit wurden fast alle Bereiche des Lebens, auch die, die auf den ersten Blick garnichts mit Religion zu tun haben, wie etwa die Kriegskunst, vom Geiste des Zen beeinflußt und mehr oder minder beherrscht. Die japanische Kultur wäre ohne Zen nicht denkbar. Man denke an die sogenannten Zen-Künste wie Sado, Kyudo, Kendo usw. usw., die ganz wesentlich vom Zen geprägt sind. Aber auch traditionelle Künste wie Ikebana, Haiku u.a. sind vom Zen intensiv beeinflusst.
11. Weiterentwicklung des Zen
Aber auch in Japan blieb das Zen nicht von einem gewissen Niedergang verschont. Zwar erlebte er durch das Wirken des großen Zen-Meisters Hakuin im 18. Jahrhundert nochmals eine Blüte; letztlich aber wurden Inspiration und Kraft von Routine und Festhalten an tradierten Formen verdrängt. Ein Hang zur Dogmatik - etwas was dem buddhistischen Geist völlig zuwiderläuft - machte sich breit und jahrhundertelang gepflegte Rituale verloren vielfach ihren ursprünglichen Sinn und gerieten zur erstarrten Form.
Diese oder ähnliche Entwicklungen kennen wir von vielen Religionen. Auch der Buddhismus machte in allen seinen Verbreitungsgebieten solche Phasen durch. Aber anders als bei anderen Religionen reagierte der Buddhismus auf diese Erscheinungen stets mit neuer expansiver Kraft. Dabei legt der Buddhismus betontermaßen keinen Wert auf missionarische Tätigkeit. Scheinbar ohne eigenes Zutun erschließt sich der Lehre immer wieder in den Zeiten drohenden Niedergangs ein neues Wirkungsgebiet. So gesehen ist es fast logisch, dass nun Europa begann, sich dem Buddhismus zu öffnen.
12. Buddhismus in Europa
In Europa war es wie immer, wenn der Buddhismus Neuland betrat: Als erstes interessierte sich die gebildete Bevölkerungsschicht für das neue Gedankengut. Allen voran die Philosophie. So stammen die frühesten bekannten Aussagen zu diesem Thema von Kant, Schopenhauer, Schelling und Nietzsche. Wenn man heute die Worte dieser Philosophen liest, erkennt man deutlich, wie wenig zuerst über den Buddhismus bekannt war. Die Aussagen enthielten eine Menge von Irrtümern, aber der Strom der Erkenntnis begann zu fließen.
Ich würde zwar nicht soweit gehen, wie manche, die Nietzsche und Schopenhauer als erste europäische Buddhisten bezeichnen, aber ein Körnchen Wahrheit enthält diese Behauptung, Von Schopenhauer ist beispielsweise bekannt, dass er eines Tages das Kruzifix in seinem Arbeitszimmer gegen eine Buddhafigur austauschte. Ob es Schopenhauer mit dem Buddhismus ernst war, kann daraus natürlich nicht abgeleitet werden, aber der Symbolgehalt dieses Aktes ist unverkennbar.
13. Internationalisierung des Buddhismus
Mehr und mehr Kontakte wurden geknüpft zwischen Europa und in zunehmendem Maße Nordamerika einerseits und den buddhistischen Ländern andererseits. Bedeutende Personen brachten mehr und mehr Wissen in den Westen bei. Zu nennen wäre hier beispielhaft etwa Daisetsu Teotaru Suzuki. Über seine Schriften streiten zwar die Fachleute, aber er hat immerhin den Buddhismus auch im Westen zum Thema gemacht. Diese in Europa und Nordamerika neue Welt des Buddhismus blieb zuerst in den intellektuellen Kreisen isoliert. Noch bis in die Mitte des 20.Jahrhunderts war der Buddhismus im Westen nur ein interessantes Gesprächsthema für Philosophieinteressierte, aber keine Religion für breitere Bevölkerungsschichten.
14. Entwicklung nach dem 2. Weltkrieg
Erst nach dem 2.Weltkrieg begannen in Amerika und Europa mehr und mehr Menschen, sich für die östliche Lehre zu interessieren. Auf ihrer Suche nach religiösen Werten fühlten sich viele Menschen von den christlichen Kirchen im Stich gelassen und begannen, sich anderweitig zu orientieren. Allen anderen Religionen voraus faszinierte der Buddhismus.
Zuerst, das heißt in den 50er und 60er Jahren war es das Zen, das von allen buddhistischen Schulen die meiste Beachtung im Westen fand. Es entwickelte sich sogar so etwas wie eine eigenständige westliche Richtung, das sogenannte kalifornische Zen. Diese Schule versucht, ein wenig die chinesische Chan-Zeit wiederzubeleben, eine Art Renaisance also. Alan Watts kann hier als bedeutender Vertreter genannt werden. Heutzutage wird, was die Beliebtheit im Westen angeht, das Zen weit übertroffen vom tibetischen Buddhismus. Zurückzuführen dürfte das wohl auf die Person des Dalai Lama sein. Allerdings: wie könnte es anders sein: auch negative Tendenzen wachsen mit. So ist vielfach eine Vermengung buddhistischen Gedankenguts mit esoterischen und anderen religionsfremden Einflüssen festzustellen.
Aktuell ist die Stituation die, dass man sagen kann, es gibt keine buddhistische Richtung, die nicht auch im Westen vertreten wäre. Allein in München und Umgebung kann man, angefangen von verschiedenen Theravada-Richtungen über tibetischen Buddhismus und sämtlichen Zen-Schulen bis hin zu neuen im Westen entstandenen Formen alles was es an Buddhismus gibt, praktizieren.
15. Aktuelle Entwicklungen
Wohin geht der Buddhismus nun? Ich denke, er wird sich, wie er es immer in seiner Geschichte getan hat, an das kulturelle und gesellschaftliche Umfeld, in das er eingedrungen ist, anpassen. Es wird wohl westliche Formen des Buddhismus geben und es wird sich zeigen, über welche Kraft er verfügt und welchen Einfluss auf Kultur und Gesellschaft er nehmen wird. Ein Prozess, der wohl Jahrhunderte dauern kann, der aber bereits begonnen hat. Wir sollten ihm diese Chance zugestehen und uns auf das Abenteuer einlassen.
Feststeht, dass das Bedürfnis nach Religion von den etablierten Kirchen des Westens scheinbar nicht mehr in ausreichendem Maße gestillt wird. Jugendkulte, Sektenwirrwarr und vielleicht auch Drogenkonsum sind die sichtbare Folge und Beleg dafür. Zukunftsängste, Unsicherheit, die rasante undurchschaubare Entwicklung auf vielen Gebieten verstärkt die Sehnsucht nach Geborgenheit im Glauben noch.
16. Schlußbemerkung
Ich denke, der Buddhismus hat gute Chancen, diese Lücken zu schließen, weil
- die meines Erachtens einzige Religion ist, die kaum im Widerspruch zu den Naturwissenschaften steht, ein Umstand, der in der Zukunft Bedeutung haben dürfte
- vielfältig in seinen Erscheinungsformen auch sehr viele Menschen unterschiedlicher Mentalität anzusprechen vermag
- Anpassungsfähigkeit an Kultur und Gesellschaft besitzt.